Die Serie „Blickwinkel“ erscheint alle 14 Tage in unserem Newsletter. Hier schreiben Mitarbeitende des schwere reiter über ihre Arbeit, geben Einblick hinter die Kulissen, porträtieren Künstler*innen, beleuchten kulturpolitische Aspekte oder informieren über wichtige Belange des schwere reiter.
Der "andere Ort" | Blickwinkel 1/25
Was ich besonders mag in meinem Arbeitsalltag, sind die Momente, in denen wir im Team des schwere reiter abgleiten von den Alltagsfragen und über das sprechen, was uns eigentlich an- und umtreibt. Meine Kollegin Anna Zimmermann, die ich hier gerade schreibend vertrete, spricht dann immer mal wieder über einen Begriff von Michel Foucault: Die „Heterotopien“. Die „anderen Orte“. Ich mag dieses Konzept sehr und will es hier einmal mit Ihnen teilen: Heterotopien, andere Orte als „wirkliche Orte, wirksame Orte, die in die Einrichtung der Gesellschaft hineingezeichnet sind, sozusagen Gegenplatzierungen oder Widerlager, tatsächlich realisierte Utopien, in denen die wirklichen Plätze innerhalb der Kultur gleichzeitig repräsentiert, bestritten und gewendet sind, gewissermaßen Orte außerhalb aller Orte, wiewohl sie tatsächlich geortet werden können.“
Das schwere reiter mit seiner außergewöhnlichen Architektur, seiner Lage im Kreativquartier, ist ein sehr besonderer wirklicher Ort, schon einfach als Gebäude. Und gleichzeitig eröffnen die Künstler*innen und die Menschen hinter den Kulissen hier in jeder Probe, jeder Aufführung und in den Begegnungen diese „anderen Orte“. Flüchtig, aber in Erinnerung bleibend – manchmal als Episode, manchmal als emotionaler Abdruck.
Warum schreibe ich hier davon? Einmal, weil ich glaube, dass diese „anderen Orte“ so wichtig sind in einer Zeit, die uns einsperrt zwischen Polaritäten, Alternativlosigkeiten, Grenzen und Konflikten. Und weil wir uns in dieser Zeit positionieren müssen. In einer Zeit, die arm scheint an Vorstellungen des positiv gewendeten Neuen und in der das Andere fast nur als Dystopie daherkommt. Ganz ähnlich äußert sich Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien in der SZ vom Donnerstag in einem lesenswerten Plädoyer für die Förderung der Kunst. Aber ich schreibe davon auch, weil es so schön ausdrückt, wozu wir Sie hier eigentlich einladen mit unseren Newslettern: Zum Besuch der „anderen Orte“. Mit Ihnen darin.
Andreas Schlegel, Geschäftsführer
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